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Seit Jahrtausenden bewegt sich die menschliche Gesellschaft in Richtung mehr Demokratie. Und bis die Demokratie als Herrschaft der Bevölkerung über sich selbst, die Wirtschaft und das Land vollständig verwirklicht ist, wird es noch lange Zeit dauern.

Die Herrschaft der Freien über die Sklaven musste beendet werden. Die Herrschaft des weltlichen und geistlichen Adels über das Volk musste beendet werden. Die Herrschaft über Kolonien musste beendet werden. Die Herrschaft der Männer durch den Ausschluss der Frauen vom Wahlrecht musste beendet werden.

So hat die Menschheit den heute weltweit dominierenden demokratiepolitischen Standard erreicht: die parlamentarische Republik mit allgemeinen, freien und geheimen Wahlen.

Dieser Norm müssen auch Diktaturen Rechnung tragen- indem sie sich eine Art von Scheinkörperschaft der Volksvertretung halten.

Doch die Bevölkerung macht die Erfahrung, dass die formelle Demokratie auf Dauer noch

keine reale Demokratie bedeutet. Nur wenn die StaatsbürgerInnen die materiell und bildungsmäßig notwendigen Voraussetzungen haben, können sie die Volksvertreter in den Parlamenten kontrollieren und lenken. Genau diese Voraussetzungen fehlen aber in der Regel für große Teile der Bevölkerung. „ Alle Macht geht vom Volk aus- aber wo geht sie hin?“. Die von Bertolt Brecht formulierte Frage ist noch immer aktuell.

Schon in der Schule lernen die heranwachsenden StaatsbürgerInnen, dass die herrschenden Verhältnisse die besten sind. Beim Militär lernt man für die Verteidigung der herrschenden Verhältnisse notfalls sein Leben einzusetzen. Aber wie lernt man die herrschenden Verhältnisse zu durchschauen, zu kritisieren und zu verbessern?

Die erste Voraussetzung dafür ist die Information.

In vielen Ländern gibt es heutzutage keine Zensur mehr. Wir erhalten Tag für Tag mehr Information als wir überhaupt verarbeiten können. Doch dahinter verbirgt sich eine weit gefährlichere (weil weniger sichtbare) Entwicklung als eine offizielle Zensur: das Verschwinden des Wesentlichen unter einer Flut des Unwichtigen. Nicht durch das Verbot von Information sondern durch die Überhäufung mit Information erfolgt tagtäglich eine Zensur in den Köpfen. Das Entscheidende der Information liegt nicht in der größtmöglichen Menge von Berichten, sondern in der Unterscheidung des Wesentlichen vom Bedeutungslosen – im Wahrnehmen von Strukturen, also in der Gewichtung von Tatsachen. Sich informieren (wertendes Begreifen) bedeutet nicht das Anhäufen von Fakten sondern deren Gewichtung um das Grundsätzliche und die Richtung der Entwicklung zu begreifen.

Man muss sich durch den Müll des Boulevard und der Unterhaltungssendungen durcharbeiten um das Wesentliche zu erfahren. Warum macht in der Demokratie der Müll den Hauptteil der Information aus?

Zum einen, weil das Gewinnstreben der reichen privaten Medienbesitzer so optimal durch das Bedürfnis nach Entspannung der von den Mühen des Alltags gestressten Konsumenten erfüllt wird. Zum anderen(und das ist demokratiepolitisch wichtiger), weil die Medienkonzerne gleichzeitig beiläufig(und unsichtbar wirkungsvoll) Politik betreiben. Warum nimmt die Sportberichterstattung so breiten Raum ein, obwohl nur eine Minderheit Sport treibt? Warum fördern Politiker und Milliardäre so gerne Fußballvereine? Möglichst sensationelle Unterhaltung verdrängt Politisches.Wo die Wirklichkeit hinter der Unterhaltung durchscheint, kommt die zweite Form von geheimer Zensur zum Tragen. Nicht durch das Verschweigen des Problems, durch das Weglassen des Wesentlichen werden bestimmte Meinungen(als Ausdruck von Interessen) zum populären Allgemeingut.

So wird zum Beispiel die Sicherung der Pensionen in allen Medien behandelt. Von allen Seiten wird das Thema angegangen- nur von einer nicht: die alles entscheidende Frage für die Höhe der Pensionen ist der Reichtum der Volkswirtschaft. So werden die Interessen der reichen besitzenden Minderheit zur Meinung vieler Konsumenten. Diese besitzen aber keine Massenmedien!

Neben der unsichtbaren Lenkung der Information durch die Blätter und Kanäle im Besitz der Reichen erschwert die Undurchsichtigkeit der Tätigkeit der Parlamentsparteien den interessierten BürgerInnen den Durchblick. Wer weiß den schon genau, wofür und wogegen die Vertreter im nationalen und europäischen Parlament stimmen?

Auch die realen Lebensbedingungen behindern den Drang des mündigen Bürgers nach Aufklärung. Wer lange Anfahrtswege zur Arbeit hat, die Kinder hinbringt und abholt, Überstunden leistet, nach der Arbeit den Haushalt erledigen muss – der will am Abend nur noch seine Ruhe haben und vielleicht etwas Entspannung.

Die reiche Minderheit in der parlamentarischen Republik hat es da viel leichter. Sie hat die Zeit und das Geld um alle wesentlichen Informationen zu erlangen. Und sie hat vor allem den Einfluss ihre Interessen durchzusetzen. Mit den Massenmedien in ihrem Besitz und ihrem Geld macht sie langfristig Parlamentsparteien und Politiker von sich abhängig. Wer sich ihnen widersetzt, gewinnt langfristig gegen die privaten Medienkonzerne keine Wahlen. Die Reichen sind nicht auf eine Partei angewiesen. Die finanzielle Macht ermöglicht etwas viel besseres. Sie sichert den Einfluss in allen Parteien. Milliardäre spenden gerne an mehrere Parteien. Die immerwährende Mehrheit im Parlament über alle Parteigrenzen hinweg sichert den Vermögenden die Vorherrschaft in der Republik.

In der ältesten Demokratie, den USA, findet der Zustand seine offene Zuspitzung. Es kann dort Präsident nur werden, wer Millionen Dollar hat oder Millionen Dollar in Bewegung setzt.

All das führt zu folgenden Erscheinungen:

1) Zunehmender Lobbyismus als Ausdruck anonymer Einflussnahme statt offener Auseinandersetzung zwischen Interessen.

2) Häufiger Wechsel zwischen Führungspositionen in den Konzernen und den Parteien als Ausdruck gleicher Interessen.

3) Weitgehende Politikverdrossenheit breiter Bevölkerungsschichten als Ausdruck der Ohnmacht gegenüber der Macht des Geldes. Die größte Partei bei Wahlen ist oft die der Nichtwähler.

4) Organisierung der kritischen und mündigen Bürger in den NGO (Nicht Regierungsorganisationen) als Konsequenz der Abschottung der Parteien vom Willen der Wähler.

Die zweite notwendige Voraussetzung für die reale Demokratie ist die zwingende Möglichkeit, den Mehrheitswillen zum Gesetz zu machen.

Die Kürzungen von Sozialleistungen und Pensionen, das Einsickern der Gentechnik, die Abschaffung der Kapitalsverkehrskontrollen und Senkung von Unternehmenssteuern, die Regeln der WTO und der Inhalt des neuen EU-Vertrages ( de facto: Verfassung) wurden nie von einer Mehrheit der Wähler verlangt. Trotzdem wurde es beschlossen. Der Wähler darf wählen- aber er darf nicht entscheiden!

Eine demokratische Politik braucht die Möglichkeit den Mehrheitswillen trotz und wegen der Zwischenschaltung der Parteien im Parlament zum Gesetz zu machen.

Unter den heutigen gesellschaftlichen Bedingungen ist das Mittel die Volksabstimmung.

Sie ist die Verwirklichung des Mehrheitswillens quer durch alle Parteigrenzen und macht ihn ohne jede Verfälschung direkt zum Gesetz.

Natürlich braucht eine Volksabstimmung auch Durchführungsregeln um nicht zum Spielfeld der Medienkonzerne und Parteien zu werden. In einer Vorbereitungszeit von ungefähr einem Jahr soll unter Einbeziehung von allen Massenmedien informiert und diskutiert werden.

Die WählerInnen und NGOs müssen ohne jede Zensur dort auftreten können. Fixe Diskussionsforen zur Hauptsendezeit und mindestens zwei Seiten in allen Zeitschriften sollten den BürgerInnen zur Verfügung stehen.

Danach sollte mit den Mitteln der modernen Informationstechnologie abgestimmt werden, ob

und mit welcher Fragestellung die Volksabstimmung durchgeführt wird(Identifikation durch Passnummer).

Der Mehrheitswille wird zum Gesetz. Die Parteien sind durch ihre sympathisierenden WählerInnen in den demokratischen Prozess einbezogen.

Hier wird nicht die Illusion vertreten, man könnte mit einem Regelwerk (formale Rechte) die vollständige reale Demokratie verwirklichen. Letztlich entscheidet bei allen Regeln der persönliche Wille zur demokratischen Beteiligung. Haben die BürgerInnen nicht die Kraft(Möglichkeit,Zeit) und das Interesse, wird die reale zur formalen Mitbestimmung.

Die Weiterentwicklung der Demokratie erfordert neben den formalen Regeln die entsprechenden Lebensbedingungen der Menschen.

In der modernen kapitalistischen Wirtschaft kann fast alles im notwendigen Ausmaß (zum Teil: Überfluss) erzeugt werden. Ein Umbau der gesellschaftlichen Verhältnisse ist nicht nur notwendig sondern auch materiell möglich. Sein Ziel ist politische Information und Beteiligung zu einem wesentlichen Teil im Leben der BürgerInnen zu machen.

Bildung und Verkürzung der Arbeitszeit in einer Weise, die Zeit, Fähigkeit und Gelegenheit für demokratische Beteiligung gibt, ist eine grundlegende Voraussetzung für die reale Demokratie.

Eines Tages wird auch die Vorherrschaft des Reichtums in der parlamentarischen Republik beendet werden!